König Gilgamesch

Blog.
König Gilgamesch

19Dez, 2021

11Dare89 - Comments (0) - Wissenswertes

König Gilgamesch kämpft gegen einen Löwen

Was entspricht der Wahrheit, was ist Legende?

1853 entdeckte Hormuzd Rassam die ersten Tontafeln und Fragmente im Ruinenberg von Uruk wieder. George Smith (1840–1876) übersetzte sie 1872 und gilt daher als der eigentliche Wiederentdecker der Geschichte um den Helden Gilgamesch. Zwölf Tontafeln beinhalten die einzelnen Sagen und Legenden, die in Keilschrift und in verschiedenen antiken Sprachen verfasst wurden – wie in altbabylonischem Akkadisch, Hurritisch und Hethitisch. Der Gilgamesch-Epos ist die älteste niedergeschriebene epochale Heldensage, die bis heute bekannt ist.

Gilgamesch Epos Tontafel 12, Fragment der Sinflut Erzählung. In Keilschrift verfasst.

Der Gilgamesch Epos

Die Stadt Uruk lag im heutigen Irak, zwischen den beiden mächtigen Flüssen Euphrat und Tigris, die einst das Reich der Sumerer eingrenzten. Gilgamesch taucht in den sumerischen Königslisten auf sowie in vielen Geschichten und Heldensagen. Zunächst wurde er als Totengott verehrt, bis er als Nephilim geboren wurde – ein Wesen, dass man am besten als Halbgott beschreiben könnte. Er wurde gezeugt von Götterwesen und Menschenfrauen. So erhielt Gilgamesch zwei Gaben der Götter: die Manneskraft des Sonnengottes und den Heldensinn des Wettergottes. So wurde er zu zwei Dritteln göttlich. Seine Stärke machte ihn überlegen und er nahm sich, was er wollte. Seine Untertanen behandelte er wie Sklaven. Er baute eine gewaltige Stadtmauer und andere Gebäude. Er ließ eine riesige Stele in die Umfassungsmauer ein, auf der er alle seine Taten festhielt. Er galt als furchtloser und ungehobelter Tatmensch mit außergewöhnlichen physischen Kräften.  Er selbst hatte sich das Recht zugesprochen, die erste Nacht einer jeden Ehe im Königreich mit der Braut zu verbringen, was den Zorn der Frauen im Land nach sich zog. Sie wandten sich an die Göttin Ištar ,die ihren Vater um Rat bat. Zusammen formten sie das Wesen Enkidu, das zunächst in der Steppe mit wilden Tieren aufwuchs. Durch zwei Träume erfuhr Gilgamesch von Enkidu. Seine Mutter Ninsu war Traumdeuterin und Wahrsagerin und kündigte ihm die Ankunft dieses Wesens in Uruk an. Gilgamesch wollte gerade in ein Haus eintreten und sich sein Recht nehmen, die Braut eines Mannes gefügig zu machen, da stellte sich ihm Enkidu in den Weg. Gilgamesch, der seit seiner Kindheit nach Unsterblichkeit strebte, wollte sich mit der ganzen Welt messen. So kämpfte er mit Enkidu, der ihm ebenbürtig zu sein schien, den ganzen Tag und die Nacht lang, bis beide erschöpft zusammenbrachen. Gilgamesch erkannte, dass dieses Wesen nicht zu bezwingen war und sie freundeten sich an. Zusammen erlebten die beiden viele Abenteuer, kämpften gegen bestialische Monster und vertrauten sich gegenseitig intime Geheimnisse an.  Sie teilten ihre Empfindungen und wuchsen bald zusammen wie Brüder. Enkidu veränderte den König und riet ihm, sein Volk zu achten. Das tat er dann auch, und Uruk erblühte zu einer der mächtigsten Städte der Region. Zusammen wollten sie Heldentaten vollbringen und beschlossen, Humbaba, den Hüter des Zedernwaldes im heutigen Libanon zu töten, um in Ištars Wald Zedern zu fällen. Gilgamesch und Enkidu fanden Humbaba. Ein schrecklicher und gefahrvoller Kampf entflammte; es gelang ihnen mit Hilfe der dreizehn Sonnenwinde von Šamaš, dem Sonnengott, den Hüter zu fangen, der schließlich um sein Leben flehte. Doch sie töteten ihn ohne Gnade, da er zuvor Enkidu beleidigt hatte. Doch Humbaba verfluchte Enkidu kurz vor seinem Tode. Nach dem Kampf verliebte sich die Göttin Ištar in den Helden Gilgamesch. Doch dieser wies sie zurück, da alle ihre vorherigen Männer gestorben waren. Erzürnt über die Zurückweisung entfesselte sie ein Monster. Der Göttervater Anu sollte den Himmelsstier entsenden und dieser Gilgamesch töten. Als jener mit Zedern in Uruk ankam, wartete der göttliche Stier schon auf ihn.

Der Himmelsstier des Gottvaters Anu

Ein Kampf um Leben und Tod

Gilgamesch und Enkidu stellten sich dem Stier in einem gewaltigen Kampf und zerstörten dabei die halbe Stadt. Fast alle Männer Uruks fanden den Tod. Doch es gelang Gilgamesch, das Monster zu besiegen. Er selbst feierte sich als der größte Held aller Zeiten und verhöhnte Ištar. Die Götter sahen, was geschehen war und befanden, dass die beiden nun zu weit gegangen waren. In der folgenden Nacht schreckte Enkidu aus einem Traum auf. Er hatte gesehen, was die Götter vorhatten: Sie wollten ihn sterben und Gilgamesch leben lassen. Enkidu erkrankte und wurde von einem Dämonen in die Unterwelt Irkalla zur Ur-Gottheit, der obersten Schlangengöttin Ereškigal, verschleppt. Daraufhin bat er Gilgamesch im Traum um Hilfe. Dieser lehnte jedoch ab, da er Angst hatte. Nach zwölf Tagen starb Enkidu. Gilgamesch trauerte um seinen Freund und erbaute ihm eine Statue sowie einen Tempel als Grab, welches er inmitten des Flusses verlagerte. Dafür ließ er sogar den Strom aufstauen. Er bahrte seinen Freund auf und suchte Geschenke für die Götter der Unterwelt aus. Der Tod seines Freundes ließ ihn seiner eigenen Sterblichkeit wieder bewusst werden und er beschloss, seinen unsterblich gewordenen Urahnen Uta-napišt zu suchen. Er entledigte sich seiner königlichen Insignien und brach auf. Er irrte in den Weiten der Steppe umher, bis er schließlich ganz im Osten des Reiches am Berg Mašu anlangte. Dort befand sich das Tor des Sonnengottes, hinter dem ein langer Tunnel in Finsternis lag. Zwei Wesen – halb Mensch, halb Skorpion – bewachten das Tor und fragten ihn nach seinem Begehren. Gilgamesch erzählte ihnen, dass er seinen Urahnen suchte und zur Unsterblichkeit befragen wollte. Sie ließen ihn gewähren, doch sagten sie ihm, dass noch nie jemand den Weg gemeistert hatte.

Gilgamesch am Eingang zur Unterwelt.

Der Weg durch die Unterwelt

Er musste die Strecke in zwölf Doppelstunden zurücklegen, sonst war er gefangen. Nach elf Doppelstunden in der Finsternis gelangte er in der zwölften in einen Garten mit Edelsteinbäumen. Er traf auf den Gott Siduri, der an einem Ozean eine Schranke zum Jenseits betrieb. Siduri erzählte ihm, dass sich der Gesuchte mit seiner Frau auf einer Insel befand, die ringsum vom Wasser des Todes umgeben war. Diese Gewässer schützten die Unsterblichen vor Besuchern. Nur der Fährmann Ur-šanabi kannte das Mittel, um zu dieser Insel zu gelangen. Gilgamesch musste Stangen aus Zedern fertigen, die er im Boden stecken lassen sollte, um ja nicht mit dem Wasser in Kontakt zu geraten. Das Gewand des Fährmanns zog er diesem aus und hing es als Segel auf. Als er die Insel erreichte, erzählte er seinem Urahn von seiner Trauer und der Suche nach Unsterblichkeit. Die Antwort, die er zu finden gehofft hatte, fand er nicht, denn nur die Götter alleine entschieden über Leben und Tod. Gilgamesch verstand nicht, warum nicht auch er unsterblich sein konnte, da er Uta-napišt doch ähnlich war. Dieser verriet Gilgamesch das Geheimnis über eine Sintflut, die das Land vom Bösen befreien sollte: Ein Auserwählter wurde von den Göttern angerufen, ein Schiff zu bauen, dass die guten Menschen sowie die Tiere aufnehmen sollte. Gilgamesch musste den Göttern schwören, darüber Stillschweigen zu wahren. Nachdem er die Geschichte erzählt hatte, forderte Uta-napišt von Gilgamesch, den Schlaf, den kleinen Bruder des Todes, sechs Tage und sechs Nächte lang zu bezwingen. Doch Gilgamesch schlief ein. Während er schlief, legte Uta-napišts Ehefrau jeden Tag einen Brotlaib neben ihn, damit er sein Scheitern erkannte. Als er aufwachte und sein Scheitern erkannte, verriet ihm Uta-napišt, wo er die Pflanzen der ewigen Jugend finden konnte. Gilgamesch fand sie und nahm sie mit an die Oberfläche, wo er vor Erschöpfung einschlief. Unbehelligt näherte sich ihm eine Schlange, die den Pflanzenbüschel auffraß und damit den letzten seiner Gattung vernichtete. Die Schlange häutete sich und verschwand. Gilgamesch kehrte betrübt nach Uruk zurück. Er gelangte zu der Erkenntnis, dass er sich nur durch große Werke als König einen unsterblichen Namen machen konnte. Daher forderte er den Fährmann Ur-šanabi auf, die legendäre und gewaltige Stadtmauer zu erklimmen, die die Stadt vor allen Widerlichkeiten schützte und als unbezwingbar galt. Uruk wurde unter ihm zu einer der mächtigsten Städte des sumerischen Reiches.

Babylonische Stadtmauer, ähnlich der Stadt Uruk

Gab es dieses legendären König wirklich?

Die Schwierigkeit ist heute, nachzuweisen, ob es diesen Herrscher wirklich gegeben hat, oder ob er eine Heldenfigur war. Vielleicht war er auch beides. In der Königsliste der Sumerer wird seine Regierungszeit als ungewöhnlich lang – mit 120 Jahren – angegeben. Der Name taucht auch in der Götterliste auf. Es ist gut möglich, dass der Gott Gilgamesch unabhängig vom König existierte. Die Geschichte der Sintflut allerdings ist jener aus der Bibel sehr ähnlich und wurde bereits mehr als zweitausend Jahre zuvor erzählt. Im Falle von Gilgamesch und seinen Legenden ist wohl der folgende Leitspruch am zutreffendsten: An jeder Legende ist auch etwas Wahres dran. Denn es wurde bereits archäologisch nachgewiesen, dass Uruk über eine gewaltige Stadtmauer verfügte, die selbst jener der Babylonier ebenbürtig war. Sicherlich wird es Vieles geben, das an dem Epos wahr ist und auch auf König Gilgamesch zutrifft, doch können wir auch davon ausgehen, dass ebenso viel dazu erfunden wurde.

Text von David Reimer

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.